Tübingen Sehenswürdigkeiten
Highlights zu Fluss
Möchten Sie Tübingens Sehenswürdigkeiten mal auf andere Weise kennenlernen? Ruhig und gleichmäßig fließt der Neckar, auf dessen glänzender Oberfläche Boote schwimmen, die an venezianische Gondeln erinnern. Stocherkähne nennt der Einheimische die Flachboote in Tübingen, die früher von Fischern und heutzutage von Studenten, Touristen und Einheimischen gleichermaßen gerne genutzt werden. Während die Leute auf dem Boot sich angeregt unterhalten und die Natur, die Stadt sowie ein Picknick genießen, manövriert der “Stocherer” mit einer langen Stange den Stocherkahn über den heute eher ruhigen Fluss.
Sie möchten eine der Tübinger Sehenswürdigkeiten in Aktion kennenlernen und eine unvergessliche Zeit auf dem Wasser verbringen?
Erfahren Sie in diesem Artikel:
- was ein Stocherkahn ist
- wie eine Stocherkahnfahrt abläuft
- was es unterwegs zu sehen gibt
- wie ViaVerde klassische Fahrten mit anderen Aktivitäten kombiniert
- wie Stocherkahnfahren früher war und heute ist
- was das berühmte Stocherkahnrennen ist
1. Was ist ein Stocherkahn?
Der Stocherkahn ist ein ca. 10 meter langes Holzboot, das ca. 400-600 kg wiegt. Hergestellt wird es aus Hartholz, meist Lärche. Fortbewegt wird es mit der Stocherstange oder im Norden auch als Staken bekannt, eine bis zu sieben Meter lange Holzstange. Da der Neckar in der Gegend der Tübinger Altstadt relativ flach ist, wird die Fortbewegung auf diese Weise möglich. Der Stocherkahn unterscheidet sich grundlegend von der venezianischen Gondel durch den symmetrischen Aufbau und die unterschiedliche Art der Fortbewegung. Denn der Stocherkahn wird “gestochert” und die Gondel gerudert.
Allerdings hat der Neckar manchmal eine starke Strömung, sodass die Fortbewegung nur mit einem Ruder unmöglich wäre. Hier muss sich der Stocherer mit seinem ganzen Gewicht in die “Stange legen”. Im Kahn selbst liegen Sitzbretter und seitlich eingeschobe Lehnbretter, die als Rückenlehne genutzt werden. Der Stocherer steht an einem Ende des Bootes und stößt den Kahn mit der Stange vom Neckargrund ab, um sanft Fahrt auf zu nehmen. Eine Gruppe von bis zu 16 Passagieren kann auf dem Stocherkahn mitfahren. Von unterwegs aus lassen sich die Tübinger Sehenswürdigkeiten so wunderbar entspannt besichtigen.
Anders als bei leichteren oder kleineren Booten wird der Stocherkahn nur einmal jährlich zu Wasser gelassen und im Herbst wieder an Land geholt. Die Stocherkahnrampe liegt am Südufer des Neckars zwischen Freibad und Kastanienrondell. Die Boote können so von der Rampe über einen Anhänger oder speziellen Transportwagen zu Wasser gelassen werden. In Tübingen gibt es mehrere Anlegestellen, die sicheres Ein- und Aussteigen gewährleisten.
Die Eckdaten zum Stocherkahn:
- Länge des Stocherkahns: 8-10 Meter
- Material: Hartholz, meist Lärche
- Länge der Stocherstange: bis zu 7 Meter
- Gewicht der Stange: 6-10 Kilogramm
- maximale Personenanzahl auf dem Kahn: bis zu 18
2. Wie läuft eine Stocherkahnfahrt ab?
Ihr KapitänIn ist ein langjährig erfahrener Stocherkahnfahrer, der die Sehenswürdigkeiten Tübingens wie seine Westentasche kennt. Zum festen ViaVerde Team kommen weitere freie StochererInnen, die Ihnen auf Wunsch gerne Anekdoten zu Tübingen erzählen und mit Ihnen zwischen 1,5 und 3 Stunden Altstadt sowie Neckarinsel vom Wasser aus erkunden. Hat Ihnen die Fahrt gefallen, können Sie Ihren Stocherkahnfahrer direkt wieder bei ViaVerde buchen.
Wenn Sie mit dem Stocherer unterwegs sind, gibt es ein ungeschriebenes Gesetz: „Die Stange bleibt am Mann!” – ein Ausruf, der in früheren Zeiten genauso wie heute in Tübingen geläufig ist und sogar der Titel eines in Tübingen veröffentlichten Buches ist.
Das heißt, sollte die Stocherstange auf der Fahrt verloren gehen, so wird der Fahrer diese sich wieder zurück holen, notfalls mit einem beherzten Sprung in den Neckar. Aber keine Sorge, eine Profi-Stocherer hat immer eine Ersatzstange dabei und verlässt nicht wie in Italien als Erster das Boot!
Die Stocherkahnanlegestelle von ViaVerde befindet sich am ehemaligen französischen Casino an der Neckarspitze. Der ebenerdige Einstieg und eine großzügige Wartefläche vor Ort sind ideale Voraussetzungen für eine gelungene Stocherkahnfahrt mit Blick auf die Sehenswürdigkeiten Tübingens.
Weitere Infos zur Anlegestelle gibt es hier.
3. Tübingen Sehenswürdigkeiten:
Neckarfront, Neckarinsel und Platanenallee
Die historische Altstadt Tübingens überrascht mit ihrem Reichtum an Kulturdenkmälern und ist durch den Mix aus traditionsreicher Universitätsstadt und altertümlichen Fachwerkhäusern lebendig und sehenswert. Manch einer behauptet sogar, dass Tübingen nicht eine Uni hat, sondern die Stadt selbst eine Uni ist: Denn bei jedem Schritt lässt sich die Geschichte besichtigen, wie zum Beispiel die Alte Aula und die Burse, die schon 1482 fertig gestellt wurde. Die Burse war das erste Universitätsgebäude der Stadt und liegt im südlichen Teil der Tübinger Altstadt direkt am Neckar, in dem heutzutage das Philosophische Seminar sowie das Kunsthistorische Institut der Universität Tübingen befinden.
Die altehrwürdigen Universitätsgebäude wurden mit mächtigen Baumstämmen, die von den Flößern aus dem Schwarzwald vorangetrieben wurden, erbaut. Daher auch die direkte Lage am Neckar. Früher lebten in diesen Universitätsgebäuden Professoren und Studenten noch unter einem Dach, bis teilweise der Lehrbetrieb wegen zu viel Freizeitaktivitäten untereinander zum erliegen kam. (Anm.: Anekdote von Tübinger Einheimischen ohne verifizierte Quelle).
Tübingen ist eine junge Stadt, die mit Kreativität, Flair und Raffinesse inspiriert – moderne Boutiquen, Unverpacktläden und liebevoll dekorierte Geschäfte lassen keine Langeweile aufkommen. Beim Schlendern durch die vielen kleinen Kopfsteinpflastergassen mit den gemütlichen Straßencafés fühlt man sich ein bisschen wie in Venedig, daher auch der Tübinger Kosename “Klein-Venedig”.
Neben der Neckarinsel ruht das Wahrzeichen von Tübingen – der Hölderlinturm – benannt nach dem Dichter Friedrich Hölderlin, der im 19. Jahrhundert 36 Jahre lang ein einfach eingerichtetes Zimmer im ersten Stock des Turms bewohnte. Hölderlins Werke sind weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und sogar japanische Gäste wussten bereits ein Gedicht von Hölderlin zu zitieren. Der Turm ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts im Besitz der Stadt Tübingen, die den Hölderlinturm mehrere Jahre sanierte und im März 2020 feierlich wiedereröffnete. Nun befindet sich ein multimediales Museum zum Namensgeber in den historischen Gemäuern. Heute ist der Hölderlinturm einer der wichtigsten Erinnerungsorte der deutschen Literaturgeschichte.
Eine weitere Tübinger Sehenswürdigkeit ist die westlich der Ammertalbrücke bis zur Eberhartsbrücke reichende einen Kilometer lange Neckarinsel. Diese wurde künstlich angelegt, um den Wasserstand des Flusses auszugleichen. Westlich liegt das Seufzerwäldchen, das dank kurviger Waldwege zum Spazieren gehen und Verweilen einlädt. Regelmäßige Kulturveranstaltungen wie das Entenrennen machen die Neckarinsel zu einem beliebten Verweil- und Zuschauerort der Stadt. Zu einem guten Zweck werden pro Jahr fast 6.000 nummerierte Quietschenten auf dem Wasser ausgesetzt. Mit dem gekauften Los lassen sich Preise gewinnen, die für wohltätige Zwecke eingesetzt werden.
Parallel zur Neckarfront wurde vor gut 200 Jahren auf der gleichnamigen Insel eine Platanenallee angelegt, die zu den ältesten ihrer Art in Deutschland zählt. Wer nach dem Stocherkahnfahren etwas verweilen möchte, kann von hier aus die Neckarfront betrachten, Tauben und Schwäne beobachten oder Boules spielen.
4. Stocherkahnfahren mal anders
Der Stocherer steuert konzentriert auf ein Gebäude der Neckarfront zu, als jemand im Innern des Hauses zügig ein Fenster öffnet. Die Passagiere blicken neugierig und gespannt in die gleiche Richtung. Ein himmlischer Duft stellt sich ein – Pizza!
Italienische Gastfreundschaft im Herzen von Tübingen – geht das? Ja das geht! Die La Gondola Pizza Stocherkahnfahrt kombiniert die abwechslungsreiche Fahrt auf dem Neckar mit leckerer Ofenpizza vom Ristorante “La Torre”. Das Tübinger Restaurant liegt direkt an der Neckarfront und beliefert den ViaVerde-Stocherkahn ganz bequem für die Gäste vom Fenster des Lokals aus. Mehr Informationen und die Speisekarte bekommen Sie hier.
5. Stocherkahnfahrten früher und heute
Ein Rückblick in die Geschichte des Tübinger Stocherkahnfahrens legt nahe, dass bereits im 19. Jahrhundert zunächst Studenten auf die Idee kamen, den Stocherkahn als Freizeitaktivität auszuprobieren. In früheren Zeiten nutzten vor allem Fischer und Fährleute die Kähne, eben als praktisches Transportmittel, vor allem für Kies und Sand sowie als Nutzgegenstand für die Arbeit. Vermutlich stammt die älteste Abbildung eines Stocherkahns aus dem Jahr 1544. Doch haben die mittelalterlichen Kähne nichts mehr mit denen von heute zu tun, vor allem im Hinblick auf die erwähnte Funktion. Die seit dem 13. Jahrhundert florierende Flößerei war nicht nur die wichtigste Handelsquelle für den Schwarzwald, sondern versorgte viele Städte bis Amsterdam mit wertvollem Bauholz. Tübingen wurde zu 80 % mit geflößtem Holz aus dem Schwarzwald erbaut, wodurch eine Universität erst möglich wurde.
Mit dem Bau der Stauwehre wurde das Kapitel der Flößerei auf dem Neckar zur Jahrhundertwende (18./19. Jahrhundert) geschlossen und wich für immer aus dem Stadtbild – die studentischen “Matrosen” des Neckars blieben, es handelte sich dabei meist um Verbindungsstudenten. Überliefert ist, dass eine Kahnfahrt eines Nicht-Studenten durch Bestechung mit Gerstensaft ermöglicht worden sei. Denn es galt: um Teil der Stocherkahnfahrer zu werden, benötigte der Tübinger Student “Verbindung zu einer Verbindung”.
Heutzutage besitzen nicht nur Studentenverbindungen einen Stocherkahn. Universität, Fachschaften und viele Privatpersonen können einen Tübinger Stocherkahn Ihr Eigen nennen, aber die Wartezeit auf einen sehr begehrten Stocherkahnliegeplatz liegt mittlerweile bei gut 15 Jahren! Erst seit den 80ern können auch Touristen auf dem Stocherkahn mitfahren.
6. Das Stocherkahnrennen
Mit jährlich bis zu 15.000 Besuchern ist das Stocherkahnrennen zu Fronleichnam nicht nur ein überregionaler Besuchermagnet, der sich wunderbar mit der Besichtigung der Tübinger Sehenswürdigkeiten verbinden lässt, sondern auch die Schöpfung der traditionsreichen Tübinger Studentenverbindungen. Die Akademische Verbindung Liechtenstein hatte sich 1956 einen neuen Kahn zugelegt. Selbstverständlich sollte dieses Ereignis groß gefeiert werden – so entstand die Idee, ein Stocherkahnrennen zu veranstalten. Verlieren sollte man bei diesem Wettkampf besser nicht, denn statt kühlem Bier müssen die Fahrer des letzten ankommenden Kahns einen halben Liter Lebertran trinken. Für viele Teilnehmende ist Verlieren dennoch ein Ansporn, da sie dann für die Organisation der Veranstaltung, nebst Einsammeln der Startgebühren im Folgejahr zuständig sind. Das Gewinnerteam bekommt neben Ruhm und Ehre die Aufgabe, die Party nach dem Rennen zu veranstalten.
Zwischenzeitlich war das Stocherkahnrennen “out” – denn Stocherkahnfahren wurde Ende der 60er von konservativen Studenten ausgeübt, das von linken Studenten massiv boykottiert wurde. Erst eine größere Tourismuskampagne in den 80ern führte zum Comeback und unterhält heutzutage Tausende mit ideenreichen, kreativen Stocherkähnen. Eine Kostümparade begleitet das Großevent schon von Anfang an – so werden ähnlich wie zu Karneval Politiker auf die Schippe genommen oder das aktuelle Zeitgeschehen humorvoll parodiert.
„Die Stange bleibt am Mann – und natürlich auch an der Frau!“ – spricht der Stocherer. Die Sonne war nun fast untergegangen und der Hölderlinturm nur noch schemenhaft zu sehen. Geübt manövriert der Stocherkahnfahrer seinen Kahn bis zum Ufer – an Bord die Passagiere, welche nun um eine schöne Erinnerung der Tübinger Sehenswürdigkeiten reicher geworden sind.
Sie haben richtig Lust bekommen auf eine Stocherkahnfahrt in Tübingen?